Monday, January 16, 2006

Pawlowscher Hund

Die Bezeichnung Pawlowscher Hund bezieht sich auf das erste empirische Experiment des russischen Forschers Iwan Pawlow zum Nachweis der klassischen Konditionierung.
Pawlow hatte durch Zufall beobachtet, dass bei Zwingerhunden schon die Schritte des Besitzers Speichelfluss auslösten, obwohl noch gar kein Futter in Sicht war. Er vermutete, dass das Geräusch der Schritte, dem regelmäßig die Fütterung folgte, für die Hunde mit Fressen verbunden war. Der vorher neutrale akustische Stimulus (Schrittgeräusch) werde im Organismus des Hundes mit dem Stimulus "Futter" in Verbindung gebracht. Um diese Hypothese zu prüfen, gestaltete er ein entsprechendes Experiment. Auf die Darbietung von Futter, einem natürlichen Reiz, folgt Speichelfluss, auf das Ertönen eines Glockentons nicht. Wenn aber der Glockenton wiederholt in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Anbieten von Futter erklingt, reagieren die Hunde schließlich auf den Ton allein mit Speichelfluss. Dieses Phänomen bezeichnete Pawlow als Konditionierung.

Pawlow

Iwan Petrowitsch Pawlow (russisch * 14. September/26. September 1849 in Rjasan; † 27. Februar 1936 in Leningrad) war ein russischer Mediziner und Physiologe. Er erhielt 1904 den Nobelpreis für Medizin für seine Arbeiten über die Verdauungsdrüsen.
Er hat aber auch wichtige Grundlagen für die Verhaltensforschung erarbeitet und legte den Grundstein für fast alle neueren Lerntheorien.
Er war der Überzeugung, dass Verhalten auf Reflexen beruhen kann und entdeckte das Prinzip der Konditionierung. Dabei unterschied er zwischen unkonditionierten (auch natürlich genannten) und konditionierten Reflexen (die durch Lernen erworben werden).
Am bekanntesten dürfte der so genannte Pawlowsche Hund sein: ein Forschungsprojekt, das unmittelbar aus seinen mit dem Nobelpreis gewürdigten physiologischen Studien hervorging. In diesem Zusammenhang stellte Pawlow fest, dass die Speichelsekretion eines Hundes nicht erst mit dem Fressvorgang beginnt, sondern bereits beim Anblick der Nahrung. Auch ein anderer Reiz, zum Beispiel ein Klingelton, kann die Sekretion von Speichel und anderen Verdauungssäften auslösen, wenn er regelmäßig der Fütterung vorausgeht. Pawlow erklärte das Geschehen durch das mehrmalige Zusammentreffen des Reizes und dem anschließenden Fressvorgang. Irgendwann reicht dann bereits der Reiz aus, um die Speichelsekretion auszulösen. Pawlow bezeichnet dies als konditionierten Reflex.

Klassische Konditionierung - Pawlow

Klassisches Konditionieren ist eine von dem russischen Physiologen Iwan Petrowitsch Pawlow begründete Theorie, die besagt, dass dem natürlichen, meist angeborenen Reflex künstlich ein neuer, bedingter Reflex hinzugefügt werden kann: Gegeben sei ein unkonditionierter Reiz (US), der als Reflex eine unkonditionierte Reaktion (UR) auslöst. Bietet man nun vor dem US mehrfach einen bislang neutralen Reiz dar, so wird letzterer zum konditionierten Reiz (CS). Er löst nun ebenfalls eine Reflexreaktion (die konditionierte Reaktion CR) aus, die der unkonditionierten Reaktion UR meist sehr ähnlich ist.
Die Konditionierung funktioniert meist besser, wenn der neutrale und der unbedingte Reiz kurz aufeinander folgen (Kontiguität). In manchen Fällen funktioniert die Konditionierung aber auch, wenn Stunden zwischen beiden Reizen liegen (z.B. Assoziation einer Übelkeitsreaktion mit dem Geschmack von Blaubeeren, weil man am Abend zuvor zufällig Blaubeeren gegessen hat). Entscheidend für die Konditionierung ist jedoch die Kontingenz zwischen CS und US: Die CR wird quasi nur dann ausgebildet, wenn der CS einen Signalcharakter bekommt, da er mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit den US vorhersagt. Man sagt dann, US und CS seien kontingent dargeboten worden.Eines der in der Literatur immer wieder erwähnten Beispiele ist das des Hundes, dessen Gabe von Fressen immer mit einem Glockenton verbunden wurde. Nach mehreren Wiederholungen war schon allein auf den Glockenton hin ein Speichelfluss des Hundes zu beobachten (siehe Pawlowscher Hund).
Durch ein weiteres Beispiel soll der Vorgang des klassischen Konditionierens bei menschlichem Verhalten verdeutlicht werden:
Das Fallen der Bomben im 2. Weltkrieg hat bei den Menschen Angst und Schrecken ausgelöst. Meistens jedoch ertönte vor dem Fallen der ersten Bomben der Fliegeralarm. Bei vielen Menschen hat nach der zweiten Wiederholung jener Signalabfolge schon der Fliegeralarm selbst Angst und Schrecken verursacht. „Auch in Friedenszeiten löst die Sirene bei zahlreichen Menschen Angst aus, selbst wenn es sich nur um einen Probealarm handelt.“ (Edelmann, 1996, S. 63) Für den unkonditionierten Menschen würde der Alarm alleine keine signifikante Reaktion auslösen. Erst durch die Kombination von Fliegeralarm und dem Fallen der Bomben wird die Reaktion (Angst und Schrecken) konditioniert. Hätten diese beiden Reize nicht in einem zeitlichen Verhältnis zueinander gestanden, hätte man den Fliegeralarm nicht mit dem Fallen der Bomben assoziiert, und der unbedingte Reiz, Angst bei dem Ertönen des Heulens zu verspüren, wäre nie zu einem bedingten Reiz geworden. Das Modell der klassischen Konditionierung ist noch erweitert worden, nachdem man feststellte, dass allein die Vorstellung des Ertönens des Fliegeralarms zu Angstzuständen geführt hat.
Aber nicht nur der zeitliche Faktor, sondern auch die Anzahl der Wiederholungen der Koppelung von bedingtem (CS) und unbedingtem Reiz (US) haben Auswirkungen auf den Lernprozess. „In der Regel ist also der Erwerb einer bedingten Reaktion (CR) an das wiederholte Zusammenvorkommen dieser beiden Reize gebunden. Dieses Prinzip wollen wir Bekräftigung nennen.“ (Edelmann, 1996, S. 69)Wird der bedingte Reiz (CS) wiederholt ohne nachfolgenden unkonditionierten Reiz (US) dargeboten, so wird die Reaktion (CR) immer schwächer und bleibt schließlich ganz aus: Der CS hat seinen Signalcharakter für den US verloren. Wird jedoch der Löschungsvorgang zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt, so tritt häufig erneut die konditionierte Reaktion auf (spontane Erholung), wenn auch in geringerer Intensität als vor der ersten Löschung.
Aus Pawlows Theorie folgt streng genommen, dass ein einmal gelernter Reflex niemals komplett gelöscht werden kann. Er wird durch das Ausbleiben des US lediglich gehemmt. Diese Hemmung ist zunächst nicht dauerhaft, dadurch kommt es zum Phänomen der spontanen Erholung des Reflexes. Der Begriff Löschung wurde von Pawlow selbst nie verwendet; er schrieb stets von Hemmung und Abschwächung. In der englischen Übersetzung wurde daraus extinction. Da Pawlows Werke dann aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt wurden (statt direkt aus dem Russischen), etablierte sich der Übersetzungsfehler auch im Deutschen als Fachausdruck (Extinktion oder Löschung).
Alldem ist hinzuzufügen, dass „emotional-motivationale Reaktionen häufig sehr widerstandsfähig gegenüber Löschung“ (Edelmann, 1996, S. 70) sind. In einem Beispiel geht Edelmann auf diesen Spezialfall ein: „Kinder und auch Erwachsene empfinden zuweilen auch vor relativ kleinen Hunden Angst, obwohl unangenehme Erlebnisse mit solchen Tieren überhaupt nicht mehr erinnert werden können.“ (Edelmann, 1996, S. 70)Bei der Reiz-Generalisierung wird der bedingte Reiz (CS) so verallgemeinert, dass er auf Reize mit ähnlichen Eigenschaften übertragen werden kann. Hat ein Kind zum Beispiel Angst vor Ärzten, kann diese Angst schon erzeugt werden, gegenüber Menschen, die einen weißen Kittel tragen.Die Reiz-Differenzierung stellt das genaue Gegenteil zur Reiz-Generalisierung dar. Hierbei ist der Handelnde in der Lage, zwei bedingte Reize (CS) voneinander zu unterscheiden. So wird einer der beiden bedingten Reize gelöscht, während der andere bekräftigt wird. Ein Beispiel aus dem Humanbereich könnte sein: „dass das Kind eine sehr differenzierte bedingte Angstreaktion dem Vater gegenüber zeigt, wenn häufiger nur dieser schimpft.“ (Edelmann, 1996, S. 72) Dadurch empfindet es jedoch keine generelle Angst vor männlichen Erwachsenen.